Scheißhausliteratur (11) PURGATORY von Ken Bruen

Veröffentlicht 5. Dezember 2017 in Scheißhausliteratur

Versoffene Privatdetektive sind einer der Grundsteine des Crime/Mystery-Genres. Einer der konsequentesten Vertreter diese Spezies ist Jack Taylor, die Hauptfigur von inzwischen bereits dreizehn Romanen des irischen Autors Ken Bruen.
Der ist kein Freund von zu vielen Worten, sein Schreibstil hat etwas von Gedichten und man kann über seine kurzen Sätze sausen wie über den Nürburgring.

Wenn Ex-Bulle Jack Taylor säuft, dann säuft er richtig. In den frühen Romanen bedeutet das Kliniken und Klappmühle. Alkohol, Drogen, Depression, Selbsthass und irgendwie doch immer einen trockenen Spruch auf den Lippen zeichnen diese Figur aus.

In Purgatory, dem zehnten Roman der Reihe, lebt Taylor halbwegs nüchtern – die Betonung liegt auf halbwegs. Diesmal jagt Taylor einen Killer, der Leute, die es verdient haben, zur Strecke bringt, sprich: Dealer, Mörder, all die, die dem Gesetz bislang entkommen sind.

Aber Tatsache ist: Jack Taylor jagt niemanden. Hier liegt die Krux der Taylor-Romane. Es sind Krimis in denen der Held, wenn man es genau betrachtet, nie wirklich irgendeinen Fall löst. Er ermittelt nicht, die Antworten und Lösungen fallen ihm in den Schoß, Infos werden fast ausschließlich von außen an ihn heran getragen. Taylor agiert nicht, er reagiert. Taylor treibt irgendwie durch die Plots und am Ende werden die Bad Guys zur Strecke gebracht, aber das ist selten wirklich sein Verdienst.
Das stößt selbst mir, der langweilige Ermittler-Krimis hasst wie die Pest, inzwischen auf. In Purgatory ganz besonders. In Drehbüchern käme man mit einer Figur, die so inaktiv ist nie durch.

Manche Figuren, wie Taylors alter Boss bei der Polizei, Clancy, machen selbst nach zehn Romanen keine Entwicklung durch. Seine Szenen sind fast immer dieselben: Taylor wird von Clancys Schergen in sein Büro gezerrt, Clancy macht klar, dass er Taylor hasst und das war’s. Fühlt sich ein bisschen wie Copy & Paste an. Man wünscht sich, dass da irgendwann mal mehr kommt.

Was will ich eigentlich sagen?

Wer clevere Kriminalfälle sucht ist bei den Jack Taylor-Romanen an der falschen Adresse. Ken Bruens Interesse liegt ganz offensichtlich mehr in Jack Taylors gebrochenem Charakter, der durch Taylor gefilterten Nennung seiner Lieblingsbücher/Serien/Filme und dem Zustand Irlands, der irischen Seele und der Stadt Galway, in der die Geschichten spielen. Und mit Purgatory zeigen sich bei mir definitiv erste Müdigkeitserscheinungen mit Jack Taylor.

Aber Ken Bruen bleibt ein großartiger Autor, sein Schreibstil beeindruckend und Taylor ein gnadenlos tragischer Charakter, der unter den Ermittlerfiguren der Kriminalliteratur seinesgleichen sucht.