Interviews mit Drehbuchautoren 10: Roland Heep

Veröffentlicht 15. Januar 2018 in Drehbuch, Interview, Schreiben

Heute lässt Roland Heep die Hosen runter.

Roland und ich haben Anfang der Neunziger Theater-Film-Fernsehen in Bochum studiert, ohne dabei persönlich in Kontakt zu kommen. Tatsächlich habe ich aber eins seiner von ihm im Interview erwähnten studentischen Seminare besucht. Wenn ich mich recht erinnere, ging es dabei um das Hollywood-Kino der Achtziger. Die studentischen Seminare von Roland und Co. waren ein Highlight im ansonsten eher drögen Seminar-Angebot a la „Der iranische Film nach 1940“.

Später, als wir beide für die Serie Der Clown schrieben, habe ich dann mal einen Tag lang mit Roland und seinen Kollegen zusammengesessen, um über einen Clown-Kinofilm zu brainstormen, der eine Herzensangelegenheit unseres Produzenten war. Den Kinofilm gab es später dann tatsächlich mal, allerdings hatten weder Roland noch ich damit zu tun.

Ein paar Jahre später haben wir für mehrere Tage zusammen im Writers Room einer Serie über internationale Schatzsucher gesessen. Aber wie bereits im Vorwort eines anderen Interviews erwähnt, erlebten diese Schatzsucher ihre Abenteuer leider nur auf dem Papier.

Roland und Kollege Gerry Streberg hosten übrigens einen tollen Podcast namens Viele Wege führen nach Om, der sich mit den großen Fragen des Lebens befasst. Was das heißt? Hört am besten selbst rein. Lohnt sich.

Jetzt aber zu Rolands Interview. Here you go:

Wie bist du zum Drehbuchschreiben gekommen? Studium? Zufall? Früh? Spät? Weil du nix Richtiges gelernt hast? Erzähl mal von deinem Werdegang.

Nachdem ich als Kind in kurzer Folge The Empire Strikes Back, Raiders of the Lost Ark, und E.T. im Kino gesehen habe, wusste ich, ich will Filmemacher werden. Zuerst natürlich Regisseur, aber als mir klar wurde, dass es Leute gibt, die sich gemütlich zu Hause im Warmen die Geschichten ausdenken und nicht wie der Rest des Teams Nachts im Regen frieren müssen, habe ich lieber angefangen zu schreiben.

Nach dem Abi habe ich Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften an der Uni Bochum studiert. Da hätte man zwar auch was über Andrej Tarkowsky oder das südbalinesische Tanztheater im Experimentalfilm der 20er Jahre lernen können, aber wir hatten zum Glück einen fantastischen Dozenten, der es uns ermöglicht hat ein etwas interessanteres Alternativprogramm anzubieten. Also haben diverse Kommilitonen Seminare zum Thema, Monty Python, Star Trek, Splatterfilme oder Bruce Lee gegeben. Ich selber habe ein Semester lang über die Filme von Steven Spielberg doziert.

Während der Zeit hab ich als Filmjournalist und Co-Autor diverser Begleitbücher über The X-Files zum ersten Mal mit meinen Texten Geld verdient.

Nach der Zwischenprüfung wollte ich eigentlich nur ein Praktikum bei der RTL Soap Unter Uns machen. Aber damals in den 90ern gab es großen Bedarf an Autoren und Kollege Koopmann hat mich direkt als Storyliner angeheuert. In den folgenden drei Jahren hab ich dann alle Grundlagen des Fernsehschreibens und Produzierens gelernt und wurde dafür auch noch äußerst gut bezahlt. Um es mit dem Titel meiner Lieblingsfolge Star Trek – TNG zu sagen: „The best of both worlds.“ (An die Uni bin ich selbstverständlich nie mehr zurück.)

1999 haben Frank und ich dann Kontakt zu Action Concept und der Columbia bekommen und parallel unsere ersten „richtigen“ Drehbücher für die ARD Snowboarder Serie Powder Park und die RTL Action Serie Der Clown geschrieben. Da haben wir ja auch dich kennengelernt.

Kurz danach haben Frank und ich mit Jeanet Pfitzer und Jörg Alberts die Autorengruppe „mondo23“ gegründet, die bis heute besteht.

 Was war das erste Drehbuch, das du geschrieben hast?

Ein Lethal Weapon rip-off Action Thriller. Mit 16.

Was war dein erstes Drehbuch, für das du bezahlt wurdest?

Bei Unter Uns wurde ich zwar schon für’s Folgen schreiben bezahlt, streng genommen waren das aber „nur“ Treatments, die Dialoge haben andere geschrieben. Mein erstes richtiges Drehbuch war eine Folge für Powder Park.

 Was war dein erstes verfilmtes Drehbuch?

Eben diese Folge von Powder Park.

Schreibst du neben konkreten Aufträgen auch Drehbücher on spec, sprich ohne vorherigen Auftrag/Bezahlung, weil du sie einfach schreiben willst/musst?

Ja, leider viel zu oft. (Leider, weil unbezahlt). Natürlich immer in der Hoffnung, jemand macht da mal eine Serie oder einen Film draus. Klappt allerdings nur selten.

Arbeitest du mit einem Co-Autor oder hast du schon mal mit einem Co-Autor gearbeitet? Wie stehst du dazu? Gute oder schlechte Erfahrungen?

Bis auf wenige Ausnahmen ganz am Anfang meiner Laufbahn arbeite ich immer mit meinen Kollegen von mondo23 zusammen.

Was war deine beste Erfahrung als Drehbuchautor?

Es ist eigentlich jedes Mal „die beste Erfahrung,“ wenn man ein toll umgesetztes Drehbuch von sich selber sieht. Vor allem dann, wenn der Regisseur oder die Regisseurin und das Team vor und hinter der Kamera noch vielmehr aus dem Buch rausgeholt haben als eigentlich drin steckte.

Echte Highlights waren die Recherchereisen nach Kuba, Istanbul, Vietnam und Mexiko für unsere Soko Leipzig 90er und World Express, genau wie der Dreh am Piccadilly Circus für unsere Soko Leipzig / The Bill Crossover Folge.

Was war deine beschissenste Erfahrung als Drehbuchautor?

Wenn ein Projekt nicht an unserem Drehbuch oder anderen nicht zu kontrollierenden Gründen scheitert, sondern einzig an der Inkompetenz unserer Partner bei Produktion oder Sender.

 Wie stehst du zu Drehbuch-Ratgebern? Welche gelesen? Wenn ja, gibt es welche, die du magst und welche, die besser als Toilettenpapier taugen?

Screenplay von Syd Field und The Writer’s Journey von Christopher Vogeler sollte man schon gelesen haben. Die Heldenreise ist zwar inzwischen ein Klischee, aber gleichzeitig auch eine Urformel und nicht nur für Geschichten nützlich, sondern auch für’s Leben.

Was ich sonst empfehle: Drehbücher lesen (gibt es im Internet mehr als genug) und Interviews mit Drehbuchautoren lesen oder hören. Inzwischen gibt es ja eine Reihe großartiger Podcasts die fast wöchentlich neue und sehr ausführliche Gespräche mit Kollegen anbieten. Z.B.: The Q&A with Jeff Goldsmith, The Nerdist writer’s panel, Scriptnotes oder auch die Kollegen von Stichwort Drehbuch. Da lernt man auch nach über 20 Jahren im Beruf immer noch was dazu.

Dein Schreibplatz? Büro, Café, Toilette? Wo?

Ich hab ein Arbeitszimmer im Haus, da arbeite ich die meiste Zeit. Zum gemeinsamen Entwickeln treffen wir uns aber auch in unserem Büro in Köln (da arbeitet Frank) oder in Berlin (da arbeiten Jeanet und Jörg.)

Wie sieht ein typischer „Schreibtag“ bei dir aus?

6:30 Aufstehen. Frühstück, Kind zur Schule bringen, meditieren, ab 8:30 Uhr am Schreibtisch sitzen. Dort bis 17 Uhr mit den Kollegen skypen, entwickeln, schreiben (gerne zu bombastischen Soundtracks), Bürokram machen und im Internet „recherchieren“. Feierabend.

Eine besonders bescheuerte Anmerkung seitens Produktion/Redaktion zu einem deiner Bücher:

Einmal sollte in einer Folge ein Kind, das schlecht geträumt hat, zu seiner Mutter sagen, dass es Angst vor Darth Maul hat. Als die zuständige Redakteurin nicht wusste wer das ist, wollte ich kompromissbereit auf sie zugehen und vorschlagen, Darth Maul in Darth Vader zu ändern. Leider hatte sie auch von dem noch nie gehört. Müßig zu sagen, dass ich danach nicht mehr für diese Kulturbanausen gearbeitet habe.

Gab es schon mal den Punkt, an dem du ernsthaft dachtest „Scheiß drauf, ich schmeiß die Brocken hin und mach was anderes“?

Ab und zu schon, aber nur kurz und wirklich ernsthaft sicher nicht. Allein schon aus dem simplen Grund, dass ich nichts Vernünftiges gelernt habe, demnach also gar keine echte Alternative zu meinem Beruf habe. Vor allem aber, weil Schreiben, trotz aller Frustrationen, immer noch der beste Job der Welt ist.

 Führst du auch Regie oder hättest du Interesse Regie zu führen?

Ne, hab ich noch nie gemacht und werde ich in diesem Leben wohl auch nicht tun.

Hast du eine Agent*in/eine Agentur? Wenn ja, welche, und was schätzt du daran, eine zu haben? Wenn nein, warum nicht?

Wir sind eigentlich lange auch ohne Agent ganz gut gefahren, für internationale Projekte oder komplexere Verhandlungen (Kinofilme, Serien, etc.) haben wir aber gute Erfahrungen mit Sebastian DiBona von RTA gemacht, der uns seit vielen Jahren vertritt.

Hast du schon mal einen Roman geschrieben, oder willst du einen schreiben?

Ich arbeite dran und bin auch ganz optimistisch, dass er so ca. 2046/47 erscheinen wird.

 Hast du einen Lieblings-Drehbuchautor? Ein Vorbild, eine Inspiration? Mehrere?

Lawrence Kasdan, Damon Lindelof, Lena Dunham, Peter Morgan, Aaron Sorkin, Richard Linklater, Jane Goldman, Rod Serling, Vince Gilligan, Tina Fey, Ernest Lehman, Nora Ephron, Jane Espenson, the list is endless…

Was ist/sind dein(e) aktuelles(n) Projekt(e)?

Unsere Dauerjobs sind Soko Leipzig und Alarm für Cobra 11, aber ich arbeite zur Zeit auch noch an einem SF-Kinofilm für Ratpack, diversen on-spec Projekten und zwei Comic-Serien.

Die letzten drei Filme, die dir gefallen haben:

Star Wars – The Last Jedi, Bahubali 2 – The Conclusion und Spider Man – Homecoming.

Drei Serien, die du momentan gerne siehst:

The Crown, Mindhunter, Game of Thrones.

Die letzten drei Bücher, die du gelesen hast:

The Super Natural von Whitley Strieber & Jeffrey Kripal, Close Encounters of the third kind – The ultimate visual history und Holistic Islam von Kabir Helminski.

Zum Schluss: Irgendwelche weisen Worte für angehende Autoren?

Nicht auf die Muse warten sondern schreiben, schreiben, schreiben. Jeden Tag (außer am Wochenende) und viel gucken.

Danke für’s Mitmachen Roland!