Good night, Bernie Gunther

Veröffentlicht 26. März 2018 in Bücher

Mein erstes Buch von Philip Kerr war Gridiron, ein High-Tech-Thriller über ein „intelligentes“ Hochhaus, das anfängt seine Bewohner zu ermorden. Hab es damals nach ein paar Seiten aufgehört zu lesen – war mir zu sehr Michael Crichton.

In dieser Schublade hatte ich Kerr abgelegt und vergessen, bis ich Mitte 2000 über seine Berlin-Trilogie stolperte. March Violets, The Pale Criminal und A German Requiem, geschrieben Anfang der Neunziger. Drei Bücher über den Ex-Kripo-Bullen und Privatdetektiv Bernie Gunther, der während der Nazi-Zeit und kurz nach dem zweiten Weltkrieg ermittelt.

Zack, war ich Kerr-Fan.

Ein klugscheißernder Schnüffler im Geiste Philip Marlowes, dessen Geschäft unter den Nazis aufblüht, weil immer mehr Menschen spurlos verschwinden und deren Freunde/Verwandte jemanden brauchen, der sie findet. Bernie ist dieser Jemand, und einem gesunden Überlebensinstinkt zum Trotz hat er keine Probleme sich mit den verhassten Nazis anzulegen.

Geile Idee und der Ur-Vater all der Ermittler im historischen Deutschland (Volker Kutschers Gedeon Rath und Co.), die später folgen sollten.

Nach der ursprünglichen Trilogie ließ Kerr knapp fünfzehn Jahre vergehen, bevor er Bernie 2005 mit The One from the Other wieder auf Spurensuche schickte. Seitdem erschien jährlich ein neuer Bernie Gunther Roman. Meist sprang Kerr dabei in der Zeit hin und her, zeigte uns Bernie in der Nachkriegszeit, die Geschichten unterschnitten mit Ereignissen vor und während des zweiten Weltkrieges, und so fand er immer wieder Lücken in Bernies Leben, die sich mit einem spannenden Fall füllen ließen.

Schnüffler Bernie war wie ein Familienmitglied, das man nur einmal im Jahr sieht, aber sich immer drauf freut – so wie James Lee Burkes Dave Robicheaux und Billy Billy Bob Holland, Adrian McKintys Sean Duffy, Michael Connellys Harry Bosch, John Connollys Charlie Parker und einige andere.

Der letzte Bernie-Roman, Greeks bearing Gifts, erscheint 2018.

Der letzte, weil Philip Kerr diesen Monat im Alter von nur 62 Jahren leider verstorben ist.

Good night, Bernie. You’ll be sorely missed.

PS: Kerr hat sehr viel mehr als nur Romane über Bernie Gunther geschrieben: eine Kinderbuch-Reihe, ein gutes Dutzend Stand-Alone-Thriller und eine weitere Krimi-Serie im Fußball-Milieu der Gegenwart.