Scheißhausliteratur (18) DEAD ZERO von Stephen Hunter

Veröffentlicht 4. Oktober 2018 in Scheißhausliteratur

Meine erste Begegnung mit Bob Lee Swagger war Stephen Hunters erster Roman über den Vietnam-Veteran und Scharfschützen: Point of Impact von 1993. Darin wird Swagger von Geheimdiensten aufs Kreuz gelegt und für ein Attentat auf den US-Präsidenten zum Sündenbock gemacht. (Die Verfilmung unter dem Titel Shooter von 20o7 war der übliche mittelmäßige Antoine Fuqua-Film, mit Mark Wahlberg als Swagger).

Ich hatte beim Lesen immer einen weniger bekannten amerikanischen Nebendarsteller namens Stephen McHattie im Kopf. Inzwischen müsste Swagger in den Romanen soweit gealtert sein, dass ihn fast noch Clint Eastwood spielen könnte.

Bob Lee Swagger ist ein All-American-Hero: ein knarziger Marine-Veteran und Gunnery-Sergeant, ein mundfauler Good-Old-Boy aus den Südstaaten, aufrecht, unbestechlich, einer der mit Politik wenig am Hut hat, aber für einen Kameraden und die gerechte Sache immer in die Bresche springt, beziehungsweise seinen Kopf ins Fadenkreuz der Bad Guys hält.

Dead Zero ist inzwischen der siebte Roman über Bob Lee Swagger. Zwischendurch hat Stephen Hunter drei „historische“ Romane über Bobs Vater Earl Swagger geschrieben, den ebenso stoischen Weltkriegs-Veteran und Polizist, der sich ein paar Jahrzehnte vor seinem Sohn durch die Geschichte ballert und dabei die Wege einiger historischer Persönlichkeiten wie Harry Truman, Bugsy Siegel und Ernest Hemingway kreuzt. (In Last Light, dem zweiten Roman mit Bob Lee Swagger jagt und findet der Sohn Jahre nach Earls Tod die Mörder seines Vaters.)

Zurück zu Dead Zero: Diesmal soll Bob Lee den scheinbar duschgeknallten Marine-Sniper Ray Cruz stoppen, der den neuen, Amerika-freundlichen Präsidenten Afghanistans töten will. Natürlich ist der wahre Feind ein anderer und steckt wie so oft in den eigenen Reihen. Das ist voll von Hunters üblichem Schusswaffen-Fetischismus, aber der Autor, der sich selbst als „Liberal and Gunman“ bezeichnet, beschönigt nichts, sondern schildert die zahlreichen Schießereien und ihre blutigen Folgen mit brutalem Realismus. Außerdem öffnet der Roman die Tore für  einen weiteren Spross der Swagger-Familie, was Hunter allerdings sehr spät und ein bisschen unmotiviert aus dem Hut zaubert. So als sei ihm die Idee dazu erst kurz vor Beendigung des Romans gekommen.

Wer auf altmodische Actionfilme steht und sie im Kino nicht mehr findet, dem bieten Stephen Hunters Swagger-Romane das als Kopf-Kino.